Die Bilanz unserer Solaranlage 2022/2023

Mit dem 31.12.2023 geht das zweite volle Kalenderjahr zu Ende, für das vollständige, detaillierte Statistiken meiner PV-Anlage vorliegen. Zeit um Bilanz zu ziehen: Die Bestandsaufnahme hilft uns zu bewerten, was wir mit der Anlage im Vergleich mit der Situation davor erreicht haben, wo es noch Optimierungspotential besteht. Ich habe die Hoffnung, dass die Ergebnisse auch für den einen oder anderen angehenden PV-Anlagen-Besitzer aufschlussreich sind. Ideen und Kommentare nehme ich dankbar entgegen und verarbeite diese soweit möglich.

Disclaimer

Die im Folgenden genannten Euro/Centbeträge gelten für unsere Anlage, unterscheidet sich aber ggf. von euren Gegebenheiten. Sie sind abhängig von euren Stromtarifen, den festgelegten Sätzen der Einspeisevergütung zum Zeitpunkt der Produktivnahme einer Anlage und bzgl. der Amortisierung den damit verbundenen Kosten.

Die Anlage

Die PV-Anlage ist seit Ende Juni 2021 im Betrieb. Sie hat eine Leistung von 9,52 kWp und ist je hälftig auf Ost- und Westseite des 45°-Satteldachs montiert. Das sorgt an Sommertagen für eine durchgängige Stromproduktion von morgens bis abends; wegen der Aufteilung der Module ist selbstverständlich kein Peak von über 5kW zu erwarten, allerdings ist auch keine Delle in der Produktion in der Mittagszeit zu beobachten, wenn die Sonne im Süden steht.
Angebunden ist ein Speicher, der im Oktober 2022 zuerst mit einer Kapazität von 7,68 kWh installiert und im November auf 10 kWh erweitert worden ist. Die Anlage versorgt neben dem Haus auch einen gemeinsam genutzten VW e-Up.

Ertragsmessung

Die Datenerfassung erfolgt bei mir auf Monatsbasis und umfasst unter anderem

  • die insgesamt erzeugten und verbrauchten Kilowattstunden
  • die ans Netz abgegebenen Kilowattstunden (Einspeisung)
  • die vom Netz bezogenen Kilowattstunden (Netzbezug)
  • die in der Batterie zwischengespeicherten Kilowattstunden (Batterieladung)
  • die ins Auto geladenen Kilowattstunden (Wallbox)

Neben den Vergleichen obiger Werte werde ich im Folgenden auf einige Sondereffekte eingehen, die in dem Vergleichszeitraum wichtig sind. Neben der unvergessenen Energiekrise, durch die bei uns zuhause vermehrt die Induktionsheizung zum Einsatz kam, wenn es kalt, aber sonnig war, um das Heizen mit Gas zu vermeiden. Zudem ist Ende 2022 mit dem Einbau des Speichers die Fähigkeit hinzugekommen, produzierten Strom für die Nacht zwischenzuspeichern, anstatt ihn ans Netz anzugeben.


Exkurs

Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, habe ich zuerst ermittelt, wie viel Sonne in den Jahren 2022 und 2023 geschienen hat, welcher Ertrag also im Vergleich beider Jahre zu erwarten war. Es ist erwartungsgemäß schwierig, Sonnenstunden-Daten – gerade historische – für Haltern am See zu ermitteln. Aus dem Grund habe ich mich mit Daten zu NRW begnügt, die sich im Archiv von Pressemitteilungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zum Thema „Deutschlandwetter“ finden. Demnach kamen in 2022 in NRW 1.929 Sonnenstunden zusammen, während man sich in 2023 mit 1.626 Sonnenstunden begnügen musste. Das entspricht 84% des Vorjahreswerts.

Wie aus folgender Grafik ersichtlich wird, war der Ertrag in 2023 über fast alle Monate geringer als im Vorjahr. Zum einen sticht der März heraus, der im Jahr 2022 ungewöhnlich sonnenreich war. Zum anderen ist im Vorjahr ein vergleichsweise starker August zu erkennen, während im aktuellen Jahr ein starker sonnenstarker September vorliegt. In Summe gleichen sich diese beiden Monate nahezu aus.


In 2023 lagen die Sonnenstunden in fast allen Monaten hinter dem Vorjahreszeitraum zurück

Stromproduktion & -verbrauch

Im Jahr 2022 hat unsere Anlage 8720 kWh Strom produziert. Im Folgejahr 2023 waren es hingegen 7847 kWh. Das entspricht 90% des Vorjahreswerts und übersteigt damit die im Exkurs formulierte Erwartung. Um das in Relation zu setzen: Der Strombedarf unseres Haushalts lag 2022 bei 4357 kWh, in 2023 bei 4650 kWh. Das entspricht einer Steigerung um 7%. Das bedeutet, die Anlage erzeugt so viel Strom, dass es fast für zwei Haushalte reichen würde (im Jahr 2023 lag das Verhältnis Ertrag/Verbrauch bei 169%); wenn der Strom denn zu den Zeiten zur Verfügung stünde, in denen er verbraucht wird.

Das ist aber nicht der Fall: Während sich der Stromverbrauch ohne Sondereffekte nahezu gleich über die 12 Monate verteilt, wird im Sommer ein Vielfaches dessen erzeugt, was benötigt wird. Beispielsweise belief sich die Erzeugung im Juli 2023 auf 345% des Bedarfs. Im Winter hingegen fällt der Ertrag stark hinter den Verbrauch zurück. Im Dezember konnte die PV-Anlage den Bedarf nur zu 21% decken. Insgesamt liegt die Menge des erzeugten Stroms in beiden betrachteten Jahren zwischen März und September über dem Bedarf.

Einspeisung & Netzbezug

Das führt leider dazu, dass es immer noch zur Einspeisung von Überkapazitäten und dem Bezug von Strom aus dem Netz im gesamten Jahr kommt. Insgesamt mussten wir im Jahr 2022 insgesamt 2.129 kWh aus dem Netz kaufen. Im Folgejahr sank der Wert auf 1.525 kWh, immerhin nur noch 72%. Diese Verbesserung haben wir uns über den Batteriespeicher erkauft. Die Preise zwischen 30 und 40 Cent pro Kilowattstunde im Netzbezug sind Grund genug, über Optimierungspotenzial nachzudenken. Mit dem Auslaufen der Strompreisbremse ab dem 31.12.2023 ist der Preis pro Kilowattstunde unseres Versorgers zwar unter 40ct gesunken, wird aber perspektivisch über die nächsten Jahre noch weiter steigen.

Dem Netzbezug gegenüber stand im Jahr 2022 eine Einspeisung von 6.458 kWh, in 2023 noch 4.596 kWh. Dies entspricht einem Abfall auf 71% des Vorjahres und ist ebenso der Batterie geschuldet, dazu im Folgenden mehr. Die Einspeisung wird uns mit ungleichen 7,5 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Anders als der Marktpreis des Stroms wird die Einspeisevergütung konstant bleiben.

Batteriespeicher

Um dem Missverhältnis zwischen Kosten für den Netzbezug und Erlösen aus der Einspeisevergütung beizukommen, bedarf es einer Möglichkeit, nicht benötigten Strom zu speichern und ihn zu nutzen, wenn die Sonne nicht scheint. Betrachtet man unseren Haushalt im Jahr 2023, so fehlen zwischen Januar und Februar bzw. Oktober bis Dezember rechnerisch 704 kWh, die nicht aus eigener Produktion gedeckt werden können. Diese und mehr hätten wir zwischen März und September mehrfach kompensieren können (insgesamt 3.900 kWh). Mit den heutzutage gängigen Batteriespeichern bleibt das aber eine theoretische Rechnung.  Die Speicher eignen sich dafür, tagsüber geladen zu werden, um in der folgenden Nacht keinen Netzbezug zu erzeugen. Um Strom im Sommer für den Winter zu speichern, müsste der Hausspeicher deutlich größer sein, was ihn unwirtschaftlich macht. Am Markt existieren allerdings Alternativen wie Wasserstoffspeicher (z.B. hps picea 2), die aber heutzutage noch mit sechsstelligen Kosten verbunden sind.

Dennoch läppern sich die Erträge eines hauseigenen Batteriespeichers. Während im Jahr 2022 seit Installation im Oktober immerhin 284 kWh zusammengekommen sind, konnten wir in 2023 dank Batterie insgesamt 1.467 kWh bis zur späteren Verwendung zwischenspeichern. Das bedeutet, dass wir für jede einzelne gespeicherte, selbst erzeugte Kilowattstunde zwar keine 7,5ct Einspeisevergütung bekommen, sie nachts aber anstatt einer ~40ct teuren Kilowattstunde aus dem Netz verbrauchen können. Wir sparen also pro Kilowattstunde mehr als 30 Cent, was die Amortisierung eines Speichers in greifbare Entfernung bringt. Stark fallende Einkaufspreise für Batteriemodule und steigendende Energiepreise begünstigen das weiterhin.

Unser modular erweiterbarer Batteriespeicher von BYD hat mit den aktuellen 10 kWh seine maximale Ausbaustufe erreicht, da der Speicher unter dem Wechselrichter verbaut ist und kein Platz für ein weiteres Modul ist. Zudem entspricht die Kapazität bereits Speichers bereits dem Tagesstrombedarf. Man muss bedenken, dass ein noch größerer Speicher an Sommertagen gar nicht mehr über Nacht komplett geleert werden würde, was die Wirtschaftlichkeit drückt.

Use Case: Auto mit 100% Solarstrom laden

Unser gemeinsam genutzter VW e-Up hat eine Batteriekapazität von 32 kWh. Mit einer dauerhaften Peekleistung von 5 kW an Sommertagen und einer vollen Batterie, die mit maximal 4 kW entladen wird, sollte das „Tanken“ komplett über Sonnenstrom möglich sein:

Ab 8 Uhr morgens produziert die PV-Anlage mehr Strom als das Haus verbraucht. Gegen 11 Uhr ist die Batterie vollständig gefüllt (10kWh), selbst wenn sie in der Nacht leer war. Die Sonne strahlt dann mit voller Kraft für die nächsten Stunden. Die Wallbox lädt den e-Up mit 7,5 kWh und braucht damit bei Vollauslastung etwa 4 Stunden für 30 kWh. Das ist leistbar bei 5 kWh Direktbezug aus der Solaranlage und zusätzlichen 2,5 kWh aus der Batterie. 😊

Fazit und Ausblick

Die PV-Anlage hat uns in die Lage versetzt, große Teile unseres Strombedarfs zu decken. Die Daten zeigen, dass wir zum einen an Sonnentagen deutlich mehr Strom erzeugen als verbrauchen, zum anderen aber auch nicht an weiterem Netzbezug vorbeikommen, speziell wenn die Sonne in Wintermonaten nicht scheint. Folglich würde eine Erweiterung der Solaranlage um weitere Module oder eine dritte Solarfläche auf dem Flachdach der Garage mit Südausrichtung die Situation nicht verbessern. Der eingespeiste Anteil am erzeugten Strom wird also nicht signifikant sinken, solange wir keinen machbaren und rechtlich möglichen Weg finden, den Strom zu nutzen oder abzugeben. Strom-Communities lassen grüßen!

Durch die Anschaffung des Batteriespeichers konnten wir den verbliebenen Netzbezug weiterhin verringern. Die Erweiterung der Speicherkapazität auf 10 kWh, die im November 2023 vorgenommen wurde, schlägt sich noch nicht in den Statistiken nieder, weil es schlicht in den letzten 2 Monaten des Jahres kein Sonnenstrom zu speichern gab. Die Erwartung ist jedoch, dass sich der Batterie-Anteil am Stromverbrauch im folgenden Jahr weitere erhöhen wird. Spannend wird zudem das Experiment sein, ob sich das e-Auto vollständig aus Sonnenstrom laden lassen wird.

Zu guter Letzt wollen wir überschüssigen Strom als Alternative zur Gasheizung nutzen. Leider sind die Zeitfenster, in denen die Sonne scheint und die Heizung läuft, klein. Sie beschränkten sich im Jahr 2023 auf die Monate Februar, März und teilweise November. Zusätzlich zu den während der Gaskrise angeschafften Stromheizungen haben wir Ende 2023 einen Heizstab in den Warmwasserspeicher unserer Heizung einbauen lassen. Diesen können wir gemeinsam mit dem Temperaturfühler im Warmwasserspeicher und den Batteriestandsensor über das Smart Home steuern und automatisieren. Über die Ergebnisse daraus werde ich im nächsten Jahr berichten.